Canon EOS 30 – analoges Fotografieren mit DSLR-Feeling

Mit der Canon EOS 30 gelang nun eine Kamera in meinen Besitz, die zwar 35mm Filmmaterial verwendet, jedoch in Sachen Handling viel mehr an eine aktuelle, digitale EOS erinnert. Angefangen vom Head Up Display im Sucher, das über alle wichtigen Parameter informiert, bis hin zur Haptik und Geschwindigkeit – diese Kamera ist vielseitig und macht definitiv Spaß!

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Typisch für die EOS-Serie ist die Nummerierung, deren Anzahl an Stellen verrät, in welchem Segment die Kamera angesiedelt ist. Die vierstelligen Modelle sind reine Einsteigermodelle. Bei den dreistelligen befindet man sich auf der Schwelle vom Einsteigermodell zur Hobbykamera, während die zweistelligen Modelle im anspruchsvollen Hobby- aber auch teils schon im Semiprofibereich anzusiedeln sind. Folglich liegt nahe, dass man es bei den einstelligen Modellen mit der professionellen Serie zu tun hat.

Als Vorreiter einer fast dreißig Jahre alten Modellreihe gilt die EOS 650, die in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre das allererste EOS-Modell war. Mit dieser schicken Kamera, die ich bereits hier vorstellte, packte mich vor nicht all zu langer Zeit das Interesse an der Analogfotografie. Im Gegensatz zur Digitalfotografie, schränkt das analoge Fotografieren einen auf den ersten Blick ein; besonders die gewohnte Bildvorschau und die fehlende Möglichkeit, das Bildmaterial umgehend zu verwenden, ist so eine Sache, an die man sich als Digitalist ersteinmal gewöhnen muss. Da ich bislang noch nicht selbst entwickel, gehört die Wartezeit auf die Abzüge natürlich dazu. Schnell kann eine Woche und mehr vergehen, eh man die Bilder in der Hand hält und erfährt, ob die Motive wirklich so vielversprechend waren, wie sie in der Phantasie wirkten. Von all den technischen Faktoren, die Einfluss auf die Bildgestaltung geben, ganz zu schweigen.

Für viele Menschen heißt analoges Fotografieren Purismus. Parameter wie das Zusammenspiel von Blende und Belichtungszeit werden aufwändig mit dem Belichtungsmesser errechnet und generell wird auf Automatisierung gern verzichtet. Auch wenn ich gern eine Canon A1 oder gar F1 mein Eigen nennen würde, bin ich doch ganz froh, dass die EOS-Serie einem bei den Einstellungsmöglichkeiten sehr zuverlässig unter die Arme greift und Fehlbelichtungen eigentlich durchweg vermieden werden können. Nicht zuletzt wäre eine Bildfrequenz von 4b/s bei einer Handkurbel natürlich unmöglich.

Gebaut zwischen 2000 und 2004, handelt es sich bei der EOS 30 um eines der aktuelleren analogen EOS-Modelle – wenn nicht gar um eines der letzten. In Sachen Optik erinnert sie auf den ersten Blick direkt an aktuelle digitale EOS- Modelle. Lediglich der fehlende Monitor an der Kamerarückseite verrät, dass es sich um ein analoges Modell handelt. Der Body besteht aus eloxiertem Aluminium und Kunststoff. Eine Kombination, die – besonders durch den Metallanteil – für gute Haptik und Wertigkeit sorgt. In Kombination mit der Größe der Kamera, die auch mit aktuellen zweistelligen EOS-Modellen vergleichbar ist, liegt die EOS 30 sehr gut in der Hand.

Mit knapp 4 Bildern pro Sekunde, zählt die EOS 30 schon zu den schnellen Analogkameras und ist vielseitig auch in der Sport- und Tierfotografie einsetzbar. Verschlusszeiten von 1/4000 sek bis zum Bulkmodus versprechen viel kreativen Freiraum. Der Verschluss schließt mit einem dumpfen und satten Klack, welches nach vertrauenswürdigen Materialen klingt. Generell ist das Verschlussgeräusch so dezent, dass man damit kaum auffällt – im Gegensatz zum schrillen Aufschrecken des Verschlusses vieler dreistelliger digitaler EOS-Modelle, wie beispielsweise der EOS 700D.

Zwar hat die Kamera nur sieben AF-Felder (das „nur“ bezieht sich im direkten Vergleich zu DSLRs, die mittlerweile ein Vielfaches bieten), doch ist der AF so flott, dass man abermals den unterschied zu DSLR-Modellen kaum wahrnimmt und selbst bewegte Objekte schnell und zuverlässig fokussieren kann.

An Programmmodi stehen ebenfalls die üblichen Verdächtigen zur Seite: Nachtmodus, Sportmodus, Makromodus, Landschaftsmodus, Portraitmodus und der Automatikmodus. Wer jedoch ernsthaft fotografiert, wird diese Modi nicht nutzen. Hier kommt man mit Av und M vollkommen auf seine Kosten. Der Belichtungsmesser arbeitet im Av-Modus (Blendenvorwahl) zuverlässig und wird im Sucher eingeblendet. Korrigieren lässt sich die Belichtungszeit wie in zeitgemäßen EOS-D Modellen über die Belichtungskorrektur um jeweils -/+ 2 Stufen.

Die Kamera hat einen Eingang für eine Kabelfernbedienung, was sie für Langzeitbelichtungen via Stativ besonders attraktiv macht. Ebenfalls lässt sich die Spiegelvorauslösung aktivieren. Praktisch ist auch das zweite Wahlrad an der Rückseite, das das kleine Wahlrad am Auslöser perfekt ergänzt und im M-Modus die Blende steuert.

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Als Spielerei bewerte ich das Eye Controll System, dass die Bewegungen der Augen analysiert und im Idealfalle auf den – mit dem Auge – fokussierten Fixpunkt fokussiert. Zwar kann die Kamera durch die Kalibrierung lernen, doch ist es mir auch nach etlichen Durchläufen des Kalibrierungsprogramms nicht gelungen, dass die Kamera zuverlässig meinen Blick verfolgt. Ein weiteres nettes, aber überflüssiges Feature ist die Mehrfachbelichtung, die es erlaubt, ein Bild bis zu 9mal zu belichten. Geisterbilder und kreative Aufnahmen, die heutzutage nur mit Photoshop möglich wären, lassen grüßen.

Die Kamera ersteigerte ich bei Ebay für kleines Geld. Der Zustand ist Exzellent und zeugt von versierter Pflege des Vorbesitzers. Ein großes Manko bei gebrauchtem analogen EOS-Modellen ist der Verschluss, der im Laufe der Zeit verharzt und im schlimmsten Falle dadurch komplett unbrauchbar wird. Neben meiner EOS 650 besitze ich zwei EOS 1000FN Modelle, bei denen der Verschluss verharzt ist. Den Verschluss der 650 konnte ich jedoch mit einem benzingetränkten Wattestäbchen wieder in Gang bringen. Bei den 1000er Modellen werde ich mir die Mühe nicht machen. Die EOS 30 war zum Glück nicht betroffen.

An der EOS 30 nutze ich ein 25 Jahre altes  35-135mm Zoomobjektiv, dass die wichtigsten Brennweiten abdeckt, durch USM schnell fokussiert und scharf abbildet. Mit diesem Objektiv bringt die Kamera gut 1,5kg auf die Waage. Ein ordentliches Gewicht, das ich jedoch nicht als Nachteil ansehe. Der einzige wirkliche Nachteil an dieser Kamera ist der Batteriedeckel, der an einer lieblosen Plastiklasche hängt, die früher oder später sicherlich reißen wird. Da die Kamera schon mindestens 12 Jahre alt ist und dieser Flaschenhals immer noch nicht geplatzt ist, heißt es weiter auf Holz klopfen und hoffen, das dies auch nicht passiert.

Zu dieser Kamera ist allerdings ein Batteriegriff (BP-300) verfügbar, der das Problem mit der Batterielasche dezimiert und die Laufzeit der Kamera verlängert. Zudem wird sie dadurch für große Hände noch ergonomischer. Eine Anschaffung, über die es sich nachzudenken sicherlich lohnt – solang das Teil nicht vergriffen ist.

Bilder folgen, sobald der Film entwickelt ist.

Weiterführende Informationen zur Canon EOS 30:

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2 Antworten

  1. Andreas Kossak sagt:

    Hallo, unter anderem aufgrund dieses Berichts habe ich vor gut einem Jahr eine EOS 30 zu einem sehr günstigen Preis (ca. 50 EUR) erwerben können, weil ich wieder mehr analog fotografieren wollte. Sie wurde als defekt verkauft, weil der Haken beim Rückseitenverschluss abgebrochen war. Das Ersatzteil kostete gerade einmal 5 EUR, jedoch funktioniert die Kamera seitdem einwandfrei.
    Sie bietet alle wesentlichen Funktionen, die ich von meinem Digitalmodell EOS 50D kenne und verwende sie daher sehr gerne. Auch der Eye Control funktioniert soweit, allerdings verwende ich ihn selten bis gar nicht.
    Auch wenn es vielleicht nicht das ist, was die echten „Puristen“ unter Analogfotografie verstehen, ich bin von der Kamera und ihrem Ausstattungsumfang begeistert.
    Vielen Dank somit für die Beschreibung!

    • Ben sagt:

      Hi Andreas, danke für deinen Kommentar!

      Die EOS 30 ist natürlich technisch betrachtet ein Nischenmodell, das zwar noch auf 35mm Film aufnimmt, aber letztendlich schon Technik der darauffolgenden DSLR Generationen bietet. Der Augen-AF war damals zwar noch holprig, aber im Grunde der Beginn für eine Technik, die in heutigen modernen DSLR und Spiegellosen (Glaube die EOS R5/6 haben diese Funktion wieder), zum Einsatz kommt.

      Purismus ist mit den moderneren, analogen EOS der 2000er Jahre natürlich nicht mehr zu erwarten, weil das Feeling einfach zu modern ist und man als Kamerabediener einfach zu viel technische Unterstützung aus der Kamera bekommt – was natürlich nichts Schlimmes ist!

      Mir persönlich sind diese Modelle aber zu sehr an die Bedienung von DSLR-Modellen angelehnt. Ich habe zwar als Kind auf 35mm fotografiert, aber nicht mit SLR, sondern Sucherkameras. In Sachen SLR bin ich mit DSLR angefangen und wollte eben das analoge „Ritsch-Ratsch-Clack“-Fotografieren erlernen, wie man es von Kameras aus den 70ern kennt. Aus diesem Grunde bin ich mittlerweile im analofen Sektor bei der A-Serie von Canon gelandet.

      Zwar gibt es auch hier schon gewisse Automatiken und Instrumente, um die richtige Belichtung zu erzielen, aber ich finde, es ist ein guter Kompromiss zwischen manueller analoger Fotografie und dem Verlassen auf Technik.

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