Canon Canonet 28: Gedanken und Technik

In letzter Zeit habe ich drauf verzichtet, meine Neuzugänge zu portraitieren, auch wenn das früher bei mir das übliche Procedre war. Viele Objektive und Kameras sind einfach untergegangen. Was aber auch daran lag, dass ich einfach sehr viele Neuzugänge in den letzten 18 Monaten hatte.

Mit dem heutigen Beitrag möchte ich meinem letzten Neuzugang Tribut zollen: Meiner ersten analogen Messucherkamera, der CANONET 28 von Canon.

Zu analogen Kameras, die keine Spiegelreflexsysteme sind, habe ich nur sehr wenige Berührungspunkte bis dato, als da wären meine alte Revue Kompaktknipse, die mir meine Oma zur ersten Klassenfahrt schenkte und die kompakte Olympus, die meine Mutter 1991 zum Mallorcaurlaub anschaffte. Doch ansonsten war ich völlig auf Canon SLRs, insbesondere auf die A-Serie, fixiert.

Doch die kleine Canonet 28 sah ich im Facebookmarketplace und es war um mich geschehen. Immerhin bin ich der Marke treu geblieben. Einen Tag später klingelte bereits der Postbote und ich war überrascht über diese kleine, nahezu winzige, Kamera, deren Design schon fast zu perfekt ist und deren Erhaltungsszustand, trotz des Alters von 50 Jahren, bedenkenlos als neuwertig bezeichenet werden kann.

Die Übliche Vorgehensweise bei neuen, alten Kameras sieht eine komplette Grundreinigung, Entfettung, Fettung und Entfernung aufgelöster Lichtdichtungen vor. Hierzu zerlege ich die Kameras so weit wie nötig und erfreue mich zudem an der Technik. Hier ist es der Messsucher dieser kleinen Kamera, den ich genauer verstehen wollte, da es sich mir bis dato nicht erschloss, wie man ein Motiv scharf stellen soll, wenn man gar nicht durch das Objektiv, sondern nur durch einen Sucher, schauen kann.

Doch des Rätsels Lösung ist relativ Simpel: Der Fokusring des Objektives ist über eine Welle mit dem Messsucher verbunden. Dieser besteht aus Zwei Teilen. Den Sucher an der Rückseite der Kamera, durch den das Auge blickt und ein weiterer optischer Einlass vorn überm Objektiv, in dem ein kleiner Horizont durch die eben erwähnte Welle bewegt wird. Über ein Prisma werden beide Strahlengänge überlagert, dadurch entsteht der Eindruck eines HUD-Displays, wie man es aus modernen Suchern kennt. Durch Fokussierung am Objektiv überlagert sich der eingeblendete Horizont mit dem realen, sichtbaren Bild. Sind beide Ebenen Deckungsgleich, ist das Bild im Fokus. Simpel, aber effektiv.

Die Canonet 28 verfügt über ein fest verbautes, nicht wechselbares Objektiv mit 40mm Brennweite und einer Blende von 1:2.8, daher der Modellname. Weitere Modelle, die Canonet 19 und Canonet 17 besitzen entsprechend lichtstärkere Objektive.

Bei Blendenvorwahl löst die Kamera leider immer mit 1/30 S aus. Ein manueller Eingriff auf die Belichtungszeit ist hier nicht möglich. Sinnvoller ist hier die Nutzung des Automatikmodus, der Zeiten von 1/30 S – 1/600 S ermöglicht. Jedoch sperrt die Kamera den Auslöser, wenn Über- oder Unterbelichtung droht. Bislang ist es mir nur wenige Male gelungen, im Automatikmodus auszulösen. Zudem scheint der Belichtungsmesser nicht ordnungsgemäß zu funktionieren, da sich die Belichtungszeit im Sucherdisplay nicht ändert und die Auslösung im Automatikmodus, der vom Belichtungsmesser abgängig ist, nur sporadisch funktioniert. Meine Vermutung ist die Batterie. Alte Kameras sind hier auf eine exakte Spannung angewiesen, Abweichungen führen zu Fehlfunktionen. Auch wenn ich die Batterie durchgemessen habe und die benötigten 1,35 V feststellte, bestellte ich mir bereits verschiedene Batterietypen gleicher Bauform. Irgendwo muss der Fehler ja liegen.

Wie dem auch sei; Selbst mit intaktem, funktionierendem Belichtungsmesser, wäre diese Kamera kein Modell, mit dem ich ernsthaft einen Film belichten würde. Es ist eine klassische point-and-shoot Kamera, die völlig automatisch funktioniert und dem Benutzer keinerlei sinnvolle Einstellungsmöglichkeiten bietet. Sie ist der maschinengewordene Automatikmodus, der Betriebsmodus bei dem man den Auslöser drückt und ein halbwegs richtig belichtetes Bild erhält ohne Kenntnisse der Fotografie zu besitzen. Und genau das war der Anwendungszweck dieser Kamera, die ab 1971 gebaut wurde: Spontanes Festhalten von Momentan, ohne sich über fotografische Grundlagen den Kopf zu zerbrechen. Die Kamera richtete sich an Gelenheitsknipser, die einfach und schnell Bilder ihres Urlaubes, ihrer Feier, ihres Alltags schießen wollten. Für alles andere gab und gibt es Spiegelreflexkameras.

Canonet 28 im Canon Camera Museum

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